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AG II - Pflege zu Hause

In Deutschland leben 3,3 Millionen Pflegebedürftige zu Hause. Acht von zehn Menschen, die Hilfe und Unterstützung im Alltag brauchen, werden von Angehörigen versorgt. Die häusliche Pflege nimmt eine immer größer werdende Bedeutung auch für Menschen mit Migrationsgeschichte ein. Mit großem Interesse haben Senior*innen und jüngere Interessierte aus koreanischen, japanischen, indonesischen, thailändischen und vietnamesischen Communities an der Online-Veranstaltung „Pflege zu Hause“ bei GePGeMi am 07.04.2022 teilgenommen. Es referierte Frau Rike Lehrkamp, Leiterin des Pflegestützpunktes Neukölln.



Die Veranstaltung befindet sich im Rahmen der AG II – Interessen und Bedürfnisse von UNS, eine der drei AGs der „Werkstatt pol_Part“ (Werkstatt zur politischen Partizipation im Alter(n) mit Migrationsgeschichte). Das Ziel der AG II ist es, gemeinsame Interessen und Bedürfnisse kleiner Migrant*innengruppen herauszufinden. Dabei wird das Augenmerk auf die psychosozialen Themen wie Gesundheit und Pflege gelegt.

Im ersten Teil der Veranstaltung hat Frau Lehrkamp uns über verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten informiert, die eine pflegebedürftige Person bekommen könnte, wenn sie zu Hause gepflegt werden möchte. Der zweite Teil ging es um die Unterstützungsmöglichkeiten für pflegende Personen zur Vereinbarung von Beruf und Familie.


Um eine passende Pflegeunterstützung zu bekommen, bieten die Pflegestützpunkte neutrale, kostenfreie und wohnortsnahe Beratung an. In jedem Berliner Bezirk gibt es drei diesbezügliche Beratungsstellen. Insbesondere arbeiten die Pflegestützpunkte seit dem Jahr 2018 mit den sogenannten „interkulturellen BrückenbauerInnen in der Pflege“ zusammen, um sprachliche und kulturelle Zugangsbarrieren zu Angeboten und Leistungen der Pflegeversicherung möglichst zu überwinden. Aktuell erfolgt die Beratung (Tandemberatung) bei Bedarf in zehn Sprachen: Arabisch, Bulgarisch, Englisch, Französisch, Kurdisch, Mazedonisch, Russisch, Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Türkisch und Vietnamesisch.


Entscheidend für einen Anspruch auf eine Pflegeunterstützung ist das Vorhandensein eines Pflegegrads. Der Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung wird bei der zuständigen Pflegekasse gestellt, welche unter dem Dach der zuständigen Krankenkasse eingerichtet wurde. In der Praxis kann man das Antragsformular bei der eigenen Kranken- bzw. Pflegekasse telefonisch anfordern. Daraufhin beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK), ein Pflegegutachten zu erstellen. Folglich tätigt der MDK einen Hausbesuch, um die Pflegebedürftigkeit und den Pflegegrad feststellen zu können. Menschen mit Migrationsgeschichte können bei Bedarf Unterstützung von Brückenbauerinnen bekommen. Wenn man mit dem Ergebnis des Pflegegutachtens nicht einverstanden ist, kann ein Widerspruch innerhalb von 4 Wochen eingelegt werden.


Insgesamt gibt es 5 Pflegegrade: von Pflegegrad 1 „geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ bis Pflegegrad 5 „schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung“. Nach der Einstufung können Pflegebedürftige je nach Pflegegrad entsprechende Geld- und/oder Sachleistungen der Pflegekasse erhalten.



Für pflegende Personen gibt es ein breites Spektrum an Unterstützungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Darunter zählen die Möglichkeit, eine (Familien-)Pflegezeit und den damit verbundenen Beitragszuschuss in Anspruch zu nehmen. Für pflegende Personen können zudem die Rentenversicherung, die Arbeitslosenversicherung und/oder die Unfallversicherung von der Pflegekasse gezahlt werden.

Bezüglich des obengenannten Ziels der AG II - Erfassung gemeinsamer Interessen und Bedürfnisse von Migrant*innen kleinerer Communities – wurde in der Gruppendiskussion festgestellt, dass die sprachlichen und kulturellen Zugangsbarrieren in der Pflege dank des Einsatzes von interkulturellen Brückenbauer*innen partiell abgebaut werden. Bei kleineren Migrant*innengruppen stellen diese Zugangsbarrieren jedoch nach wie vor eine große Herausforderung für die Verwaltung, aber auch für Pflegebedürftige dar. Besonders vulnerabel sind alleinstehende Pflegebedürftige, die nicht sprachmächtig sind und keine Nachfahren oder keine Unterstützung ihrer Nachfahren bekommen.


Darüber hinaus wurde u.a. thematisiert, wie man mit der körpernahen Pflege kultursensibel umgeht. Laut Frau Lehrkamp werden bereits verschiedene Pflegekurse für pflegende Personen angeboten, die die körpernahe Pflegeproblematik behandeln. Ggf. könnten pflegende Personen Angebote von professionellen Pflegediensten in Anspruch nehmen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es bereits kultursensible Angebote bei größeren migrantischen Communities. In kleineren Communities existieren beispielhafte Modelle zur kultursensiblen Altenhilfe wie die Arbeit von Dejak e.V. (japanische Community) und HeRo e.V. (koreanische Communitiy). Jedoch wurde der Bedarf an kultursensibler Pflege bei weiteren kleinen Communities bisher kaum erfasst und ist dementsprechend wenig bekannt.


Es bleibt die Frage, inwiefern die bereits vorhandenen Pflegeangebote für kleinere Communities in Berlin weiter ausgebaut werden können, sodass diesbezügliche Interessen und Bedürfnisse von älteren Menschen mit Migrationsgeschichte mehr berücksichtigt werden.



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