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AG I - Migrationsgeschichte von Senior*innen

Erzählthema: Beruf, Studium und Ausbildung in der Migration


Zu Beginn des Treffens haben wir uns durch eine spielerische Vorstellungsrunde herausgestellt, dass unter den Teilnehmenden eine berufliche Vielfalt besteht. Sie sind bspw. Krankenpflegerin, Ingenieur, Managerin, Bankkauffrau, Schauspielerin, Akupunkteur, Sozialarbeiterin, Unternehmer, Model, Aktivist, Arzt, Filmemacher u.v.m. Ihr Aufenthaltsdauer in Deutschland umfasst von 1 Monat bis 50 Jahren.


In der aufgelockerten Atmosphäre sammelten wir uns unter dem Bierzelt des Hauses der Nachbarschafft und erzählten über unsere Erfahrungen mit dem Arbeiten, Studieren oder Ausbilden in Deutschland. Obwohl die Teilnehmenden zu unterschiedlichen Zeiten nach Deutschland gekommen sind, teilten sie viele gemeinsame Herausforderungen als Migrant*innen in ihren Werdegang. Nicht selten mussten sie aufgrund von Sprache, Aussehen oder kulturellen Unterschieden die Andersbehandlung bzw. die Anerkennungsdefizit der Mehrheitsgesellschaft erfahren. Ab und zu scheiterten ihre Versuche; doch fanden sie immer wieder neue Wege für die Selbstentwicklung.


Eindrücklich war die Parallelität in den Erzählungen einer Seniorin - ehemaliger Krankenschwester aus Südkorea - und einer jüngeren Teilnehmerin – angehender Krankenpflegerin aus Vietnam. Beide Personen kamen als Arbeitsmigrantinnen im Zuge des Pflegenotstands (1960er Jahren) und des Fachkräftemangels (2010er Jahren) nach Deutschland. Eine der größten Herausforderungen in der Anfangsphase für die Erzählerinnen war die Sprachbarriere, die die Ausübung ihrer Berufe sowie ihre Teilhabe erschwert. Die ehemalige koreanische Krankenschwester hat mit ihrer Arbeit in einem Krankenhaus angefangen, als sie kaum Deutsch sprechen konnte. Der Spracherwerb bzw. die Förderung der Teilhabe waren nicht das Thema der damaligen deutschen Einwanderungspolitik. Als Gast in dem fremden Land spürte sie unvermeidlich das Heimweh, aber auch das Gefühl der Nichtzugehörigkeit, welches sie nur mit ihren koreanischen Kolleginnen teilen konnte. Mit einem starken Bedürfnis nach Weiterentwicklung hat sie in den späteren Jahren ihren Arbeitsumfang reduziert, um das Abitur in einer Abendschule in Deutschland abzuschließen. Auch der Anfang eines Germanistikstudiums wurde gesetzt. Obwohl sie das Studium nicht abgeschlossen hat, hat diese Lebenserfahrung zu ihrer inneren Stärke beigetragen.


Ähnlich wie die Erfahrung der Seniorin wurde die jüngere auszubildende Krankenpflegerin aus Vietnam mit den Herausforderungen der Sprachbarriere konfrontiert. In der Ausbildung bzw. dem Arbeitseinsatz hat sie unzählige Schwierigkeiten in der Kommunikation mit Patient*innen und Kolleg*innen. Doch konnte sie im Laufe der Zeit durch einen intensiven Spracherwerb die Sprachbarriere weitestgehend abbauen. Als die Sprache nicht mehr das Problem darstellte, sind Ausgrenzung und Diskriminierung in ihrer Wahrnehmung sichtbarer geworden. Bspw. hat sich ein Patient ihren Arbeitseinsatz abgelehnt, weil er nur von einer deutschsprachigen Person gepflegt werden wollte. Obwohl der Vorfall ihren Vorgesetzten bekannt war, bekam sie kein weiteres Verständnis, sondern im Gegenteil nur rassistische Äußerungen und Vorwürfe. Die ausgesetzten Belastungen haben sie zu der Entscheidung gebracht, den Ausbildungssplatz zu wechseln.


Trotz der vielen Herausforderungen als Migrant*innen haben die Erzähler*innen nicht aufgegeben, ihren Weg zur Selbstverwirklichung nachzugehen. Über 40 Jahre hat die Seniorin ihre Arbeit als Krankenschwester bis zu ihrer Berentung ausgeübt. Die junge angehende Krankenpflegerin hat einen neuen Ausbildungsplatz gefunden, mit dem sie sehr zufrieden ist.


Sowohl die älteren als auch die jüngeren Teilnehmenden fanden den generationsübergreifenden Austausch sehr spannend und fruchtbar. Am Ende des Treffens verabschiedete sich die Gruppe mit der Freude, dass sie sich beim nächsten Austausch wiedersehen!


Liebes Netzwerk asiatischer Senior*innen,

mit dem Thema "mein heimatliches Essen früher und heute" findet unser nächster Austausch am Samstag, 22.10.2022, im Nachbarschaftzentrum DIVAN statt. Sie sind herzlich eingeladen!


Das GePGeMi-Team

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